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Samstag, 6. April 2013

Stadtmuseum Nordhorn

Neulich war ich mal in dem kleinen Stadtmuseum in Nordhorn, wo die Geschichte dieser ehemaligen Textilstadt ausgestellt wird. Das interessierte mich vor allem deshalb, weil ich selbst in einem Textilbetrieb dort meine Ausbildung zur Fotogravurzeichnerin absolviert habe. Wie der Arbeitsplatz einer Fotogravurzeichnerin aussieht, seht Ihr später noch...

Das Museum ist untergebracht im NINO-Hochbau in der NINO-Allee 11 in Nordhorn.

Drei große Textilbetriebe gab es einmal in Nordhorn. Das waren NINO, povel und rawe. Ich habe bei rawe gelernt. Von 1991 bis 1994 war ich dort. Da gab es povel schon nicht mehr. Wenige Jahre nach meinem Abschied von rawe wurde auch dieser Betrieb geschlossen. Heute sieht die Textilindustrie ganz anders aus als damals. Damals kam die rohe Baumwolle an einem Ende des Betriebes rein und am anderen Ende kam der fertig bedruckte Stoff wieder raus. Heute wird jeder Schritt vom Spinnen über das Weben bis zum Bedrucken an einem anderen Standort in der Welt erledigt. Gerne auch in Billiglohnländern.
Diese Firmen gibt es daher nicht mehr. Aber lange Zeit hat sich die Stadt Nordhorn mit der Textilindustrie identifiziert und war stolz auf ihre technischen Errungenschaften
Das Stadtmuseum mit seiner Dauerausstellung "Menschen, Mode und Maschinen" erinnert an alle drei Firmen und zeigt, was dort von den Anfängen bis zum bitteren Ende alles erarbeitet wurde. 
Gleich am Eingang wird man von Schaufensterpuppen im NINO-Gewand begrüßt. Hier sieht man, was aus den Stoffen wurde.


Ein riesengroßes Buch mit Etiketten. Leider hab ich mich nicht schlau gelesen, was es damit auf sich hat..
Mich faszinierten die alten Fotografien viel mehr, die hier an den Wänden hängen.
In schwarz-weiß und in bunt.
Aber auch Originalklamotten aus Nordhorner Stoffen gibt es zu sehen. Auf Kleiderpuppen ...



... und auch zum Selber-Anprobieren.
Und niedliche Sachen in Vitrinen findet man.

Und ganz wunderbare Skizzen:
In mehr oder weniger regelmäßigen Abständen wurden von den Arbeitsplätzen in den Textilfirmen Fotos gemacht, die man dort in einigen Bildbänden anschauen kann. 
In den 60er Jahren sah mein späterer Arbeitsplatz schon genauso aus wie 1991.

Man sitzt an einem Lichttisch und bearbeitet die Folien für den Druck. Die Schälchen für die schwarze Farbe, die hier vorne auf dem Tisch stehen, waren anscheinend immer dieselben. Mit feinen Pinseln deckt man für kleingemusterte Stoffe die Teile des Musters ab, die später dieselbe Farbe bekommen sollen. Für jede spätere Druckfarbe bearbeitet man eine Folie. Bis zu 9 Farben konnten bei rawe in einem Arbeitsgang auf den Stoff aufgebracht werden. 
Der Stuhl, auf dem ich saß, war allerdings ein anderer als der auf dem Foto.
In den 80ern war das Foto dann bunt, aber die Einrichtung noch dieselbe. Die Kollegin auf dem Bild war nicht mehr bei rawe beschäftigt, als ich dort war, kam aber hin und wieder zu Besuch.
Sie sitzt genau an dem Platz, an dem auch ich lange Zeit saß. Aber auf einem bequemeren Stuhl. Zu meiner Zeit gab es gepolsterte Bürosessel, soweit ich mich erinnere...
Diese Fotos entstanden wohl kurz nach meinem Weggang und die lieben Kolleginnen sind mir wohl bekannt. Sie arbeiteten zum Zeitpunkt der Aufnahmen schon im neuen Teil der Fotogravur. In dem Raum, in dem es auch Computer gab. Im alten Zeichensaal wurde derweil weiter alles per Hand gezeichnet. Scannen war noch nicht soooo verbreitet wie heute. Bei uns hieß es noch Abpausen.
Während meiner Ausbildung war ich für ein oder zwei Wochen auch mal in der Musterzeichnerei untergebracht, um dort mal hineinzuschnuppern. Auf den bisherigen Fotos steht immer "Musterzeichnerei" unter den Abbildungen, aber das stimmt so nicht. Die Musterzeichnerei ist eine ganz andere Abteilung in einem ganz anderen Gebäude. Dieser kreative Kollege hier arbeitete dort und entwarf die Muster, die wir in der Fotogravur dahingehend bearbeiteten, dass sie als Druckvorlage dienen konnten. 
Und sein holländischer Kollege sagte immer, wenn er ein Muster fertiggestellt hatte: "Was bin ich doch 'n Künstler!" Das hab ich mir bis heute beibehalten. Wann immer ich irgendwas zuendegebastelt habe, zitiere ich ihn... :)


Apropos Künstler und Mode: Auch Karl Lagerfeld hat mit der Nordhorner Textilbranche zusammengearbeitet. Eine Museumsnische befasst sich mit der Kooperation Lagerfeld - NINO. Ich hab aber leider kein Foto davon gemacht.
Schaut Euch das Museum mal selber an. Geht hin oder klickt Euch auf die Homepage.



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